Papier zur gemeinsamen Pressekonferenz mit der "Initiative 2000 plus - Schulmaterialien aus Recyclingpapier" am 31. Mai 2007

 

Mehr Recyclingpapier in Landesbehörden

Recyclingpapier ist umweltfreundlicher und billiger – trotzdem ist die Verwendung in Landesbehörden rückläufig

Grüne und Initiative 2000 plus setzen sich für klare Regelungen zur Verwendung von Recyclingpapier ein

Forderungen für mehr Recyclingpapier in der Landesverwaltung

1. Klare Regelung für Landesbehörden
Wir fordern zeitnah eine klare und verbindliche Regelung zur vorrangigen Verwendung von Recyclingpapier in Landesbehörden. Der Ministerratsbeschluss von 1999 wurde schon damals von uns abgelehnt (vgl. Drucksache 12/4213); er ist inzwischen vollkommen überholt und sollte schnellstmöglich durch eine neue Regelung ersetzt werden.

2. Zentrale Beschaffung
Wir sprechen uns für die Beibehaltung einer zentralen Beschaffung aus, da dies die Umsetzung von verbindlichen Beschaffungsleitlinien für umweltverträgliche Produkte erleichtert. Anzustreben ist, dass alle Dienststellen des Landes ihren Papierbedarf über die gemeinsame Beschaffungsstelle decken. Hierbei muss der Bezug von Recyclingpapier zum Standard werden und die Bestellung von Frischfaserpapier einer Begründung bedürfen.

3. Landesbehörden als Vorbild
Wir fordern, dass die Landesverwaltung bei der umweltorientierten Beschaffung eine Vorbildfunktion einnimmt und - entsprechend der Beschaffungsanordnung aus dem Jahr 2001 - umweltfreundliche Produkte tatsächlich bevorzugt. Recyclingpapier sollte dabei auch ganz offensiv als positiver Imagefaktor verstanden werden.

4. Kampagne für Recyclingpapier
Wir fordern die Landesregierung auf, sich klar zur Verwendung von Recyclingpapier zu bekennen und – ebenso wie Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt - für den Einsatz von Recyclingpapier mit dem „Blauen Engel“ zu werben.

Welche Argumente sprechen für Recyclingpapier?

Recyclingpapier ist ökologischer
Bei der Herstellung von Recyclingpapier werden erheblich weniger Ressourcen (Holz, Energie, Wasser) verbraucht und erheblich weniger bis gar keine Chemikalien eingesetzt. Auch die Schadstoffe im Abwasser und die Umweltbelastungen durch den Transport der Rohstoffe sind geringer. Das Umweltbundesamt kommt deshalb zu dem eindeutigen Fazit: „Ein höherer Altpapieranteil bedeutet mehr Umweltschutz.“
Nach wie erfolgt die Rohstoffgewinnung für die Papierherstellung weltweit immer noch in hohem Maße aus nicht nachhaltig betriebener Forstwirtschaft. Eine Senkung des Papierverbrauchs und einer hohen Recyclingpapieranteil dienen somit auch dem Schutz der (Ur-)wälder. Auch das Staatsministerium bestätigt deshalb in einem Schreiben vom 12.04.2007: „Dabei sind die ökologischen Vorteile von Recyclingpapier zwischenzeitlich unbestritten.“

Recyclingpapier ist auch ein Beitrag zum Klimaschutz
Der Energiebedarf der Zellstoffherstellung aus Holz ist deutlich höher als der zur Altpapieraufbereitung. Laut einer Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) aus dem Jahr 2006 spart eine Tonne Recyclingpapier im Vergleich zu Frischfaserpapier je nach Herkunft des Zellstoffs zwischen 183 und 347 kg CO2 ein.

Recyclingpapier hat eine hohe Qualität
Entgegen immer noch vorhandener Vorurteile gibt es sehr hochwertige Recyclingpapiere für praktisch jeden Einsatzzweck. Es sind helle Qualitäten verfügbar, und modernes Recyclingpapier eignet sich ohne Einschränkung für den Büroalltag. Die größten Bürogerätehersteller empfehlen die Verwendung von Recyclingpapier bei der überwiegenden Anzahl von Druck- und Kopiergeräten.
Auch die Archivierbarkeit ist kein Argument mehr gegen Recyclingpapier. Recyclingpapier mit dem Blauen Engel erfüllt die DIN 6738 und wird daher höchsten Archivierungsansprüchen gerecht. Es ist über mehrere 100 Jahre alterungsbeständig.

Recyclingpapier hilft Kosten sparen
Entsprechend den Angaben der Landesregierung (vgl. Drucksache 14/775) war Recyclingpapier in den letzten Jahren billiger als Frischfaserpapiere.
Das Einsparpotential durch eine Erhöhung des Recyclingpapieranteils in den Behörden liegt in der Größenordnung von 100.000 Euro. Die Stadt Stuttgart gibt an, durch ihren hohen Recyclingpapieranteil ca. 45.000 Euro pro Jahr einzusparen.

Recyclingpapier ist gut zu erkennen
Mit den Blauen Engel existiert ein anspruchsvolles Umweltzeichen für Papier. Neben der Herkunft der Rohstoffe werden auch Gesundheitsaspekte und Umweltaspekte bei der Produktion berücksichtigt.

Ist ein hoher Recyclingpapieranteil praktikabel?

Beispiele aus Kommunen, Unternehmen, einzelnen Landesbehörden und anderen Bundesländern zeigen, dass die vorrangige Verwendung von Recyclingpapier nicht ungewöhnlich und problemlos möglich ist:
 

Beispielsweise hat die Stadt Stuttgart einen Recyclingpapieranteil von 85%. Die Beschaffung erfolgt zentral; die Ausgabe von Frischfaserpapier erfolgt nur nach Begründung.
Bekannt für ihren hohen Recyclingpapieranteil sind in Baden-Württemberg u.a. die Landesbank Baden-Württemberg, die Robert Bosch GmbH, die Landesbausparkasse Baden-Württemberg, die Württembergische Versicherung und die Deutsche Post AG (deren Einkauf für Büropapier in Stuttgart angesiedelt ist).
 

Die Verwendung von Recyclingpapier in der Landesverwaltung ist höchst unterschiedlich: Während das Umweltministerium einen hohen (aber leider ebenfalls rückläufigen) Recyclingpapieranteil hat (2003: 97%, 2006: 87%) und auch das Ministerium für Kultur, Jugend und Sport auf einen Anteil von immerhin 80% kommt, scheint man im Justizministerium lange Zeit nichts von der Existenz von Recyclingpapieren gewusst zu haben (laut Waßner 2002 0% Recyclingpapier). Ein aktueller Überblick über alle Ressorts und insbesondere die nachgeordneten Behörden liegt nicht vor.
 

In Schleswig-Holstein verpflichtet ein Erlass aus dem Jahr 1997 zur Verwendung von Recyclingpapier. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann chlorfrei gebleichtes Frischfaserpapier eingesetzt werden. Ein ähnlicher Erlass existiert auch in Hessen.

Wie hat sich der Recyclingpapieranteil in der Landesverwaltung in den letzten Jahren entwickelt?

Der kostenmäßige Anteil an Recyclingpapier hat von ca. 40% im Jahr 2002 auf ca. 27% im Jahr 2006 abgenommen (vgl. Landtagsdrucksache 14/255). Der Recyclingpapieranteil ist also deutlich rückläufig.

Wie ist der Papiereinsatz in der baden-württembergischen Landesverwaltung geregelt?

Ministerratsbeschlüsse
Während ein Ministerratsbeschluss aus dem Jahr 1990 die vorrangige Verwendung von Recyclingpapier regelte, existiert seit 1999 ein Ministerratsbeschluss zum „sachgerechten“ Papiereinsatz: „Der Ministerrat beschließt den sachgerechten Einsatz von Recyclingpapier und von Frischfaserpapier aus nachhaltiger Forstwirtschaft in der Landesverwaltung. Die Papierauswahl hat sich am Einsatzzweck sowie an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Praktikabilität zu orientieren. …“
Die Argumente, die für die Änderung der Regelung im Jahr 1999 herangezogen wurden, haben jedoch keinerlei Gültigkeit mehr:
Die als Problem genannte Archivierbarkeit von Recyclingpapier ist in Anbetracht der heutigen Qualitäten - wenn überhaupt - nur noch für einen ganz geringen Anteil des Papierverbrauchs in den Landesbehörden relevant.
Die Hoffnung auf verbesserte Absatzmöglichkeiten für heimisches Durchforstungsholz durch eine Steigerung des Frischfaserpapieranteils hat sich nicht erfüllt. Zudem hat sich die Absatzsituation für Durchforstungsholz im Zusammenhang mit der energetischen Verwertung von Holz (Stichwort: Holzpellets) zwischenzeitlich stark verändert.

Beschaffungsanordnung
In der Beschaffungsanordnung aus dem Jahr 2001 ist Umweltschutz als allgemein verbindlicher Beschaffungs- und Vergabegrundsatz verankert. „Grundsätzlich ist im Rahmen der Vergabevorschriften unter den am Markt befindlichen und für den vorgesehenen Verwendungszweck geeigneten Erzeugnissen das Produkt zu bevorzugen, das bei der Herstellung, im Gebrauch und oder in der Entsorgung die geringsten Umweltbelastungen hervorruft.“

Zusage des Umweltministeriums
Im Rahmen der Beratung unseres Antrags Drucksache 14/775 im Umweltausschuss am 8. März 2007 hat Ministerin Gönner zugesagt,
mit einem Schreiben an ihre Kabinettskollegen heranzutreten mit dem Anliegen, verstärkt Recyclingpapier zu verwenden und
den erweiterten Einsatz von Recyclingpapier in der Landesverwaltung im Rahmen der Fortschreibung des Umweltplans zu untersuchen.

Papierbeschaffung
Die Papierbeschaffung erfolgt gemäß Beschaffungsanordnung aus dem Jahr 2001 überwiegend zentral über die Gemeinsame Beschaffungsstelle Baden-Württemberg beim Logistikzentrum der Polizei (LZBW). Die Beschaffungsstelle hat jedoch keinen Einfluss auf die zu beschaffenden Papiersorten durch die jeweilige Dienststelle.