Pressemitteilung vom 01. Februar 2008

 

Von "Alblinsen" bis "Zuckerwurz":

Gisela Splett fordert verstärkte Anstrengungen zur Erhaltung der regionalen Vielfalt an Nutzpflanzenarten, -sorten und Nutztierrassen


Obwohl die biologische Vielfalt im Bereich der Landbewirtschaftung (Agrobiodiversität) von grundlegender Bedeutung für die Sicherheit der menschlichen Ernährung ist, nimmt die regionale Vielfalt an Nutzpflanzenarten, -sorten und Nutztierrassen rapide ab. Die Ernährung der Menschheit stützt sich weltweit zu über 50% auf lediglich drei Pflanzenarten, nämlich Mais, Reis und Weizen. Die Grünen im Landtag fordern jetzt deshalb ein klares Konzept der Landesregierung zum Erhalt der Biodiversität.

Die Fruchtfolgen konzentrieren sich auf immer weniger Kulturarten und wenige ertragsstarke Sorten. Der Saatgut-Markt wird heute wesentlich von fünf großen Unternehmen geprägt, deren Zuchtziele sich insbesondere auf die Ertragsstärke, die Eignung für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, weltweite Anbaufähigkeit und Patentierbarkeit konzentrieren. Weiter beschleunigt wird diese besorgniserregende Entwicklung durch die Einführung gentechnisch veränderter Sorten. Auch bei den Nutztieren ist ein starker Rückgang der genetischen Vielfalt zu beobachten. Die kommerzielle Zucht konzentriert sich auf wenige Rassen und einige vermarktungsrelevante Merkmale innerhalb der Rassen. Bei den Legehennen findet schon jetzt die Zucht nur noch bei einer Handvoll Monopolunternehmen statt.
Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion Gisela Splett beschäftigt sich deshalb mit der Frage, was das Land tun kann, um die früher in Baden-Württemberg vorhandene Vielfalt zu erhalten. Splett: "Statt einer Einheits-Landwirtschaft wollen wir die Vielfalt regionaler Sorten und Rassen erhalten. Hierfür bietet die baden-württembergische Landwirtschaft mit ihrer kleinteiligen Struktur noch relativ gute Chancen. Und gleichzeitig bietet der Anbau regionaltypischer Sorten auch Vermarktungschancen für die heimische Landwirtschaft."

Die Wiederentdeckung alter Sorten sei nicht nur kulinarisch von Interesse, sondern biete durchaus Vermarktungspotential. Das zeige beispielsweise das Wiederaufblühen der Alblinse. Neben dem Erhalt alter Sorten stelle aber auch der Anbau "neuer Pflanzen" wie Amaranth oder Quinoa eine Option dar.

Die Landtagsgrünen fordern deshalb ein klares Konzept zum Erhalt der Biodiversität. "Wir erkennen an, dass das Land in einigen Bereichen tätig ist, beispielsweise mit Forschungsarbeiten beim Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg, der Einrichtung der Sortenerhaltungszentrale und der Unterstützung einzelner Projekte in PLENUM-Gebieten an. Das reicht aber bei Weitem nicht aus", betont die Geoökologin Gisela Splett. Sie kritisiert unter anderem die fehlende Unterstützung für die Erhaltung gefährdeter Schaf-, Ziegen- und Geflügelrassen. Die MEKA-Förderung für gefährdete Rinderrassen werde durch die Kosten für Mitgliedschaft in der Zuchtgemeinschaft und die Zuchtschauen aufgezehrt.

Neben der Unterstützung konkreter Projekte halten die Grünen auch eine bessere Information der Öffentlichkeit für notwendig. Splett: "Wir wollen, dass sowohl die Landnutzer als auch die Verbraucher stärker als bisher über die Bedeutung der Agrobiodiversität informiert werden. Konkrete Projekte, die sich beispielsweise um regionaltypische Gemüsesorten bemühen oder die Vermarktung fast vergessener Nutzpflanzen in Gang bringen, brauchen eine bessere Unterstützung - auch über die PLENUM-Projektgebiete hinaus. Geprüft werden muss außerdem, wie dem Verschwinden mittelständischer Pflanzenzuchtfirmen entgegen gewirkt werden kann und wie Privatpersonen und private Vereinigungen, die sich für den Erhalt gefährdeter Nutztierrassen engagieren, besser unterstützt werden können. Hierzu erwarten wir von der Landesregierung konkrete Vorschläge."

_____________________
Alblinse: Bis zur Mitte des 20. Jahrhundert wurden Linsen auf der Schwäbischen Alb angebaut. 1985 begann ein Bioland Hof wieder mit dem Anbau. Siehe: www.alb-leisa.de
Zuckerwurz: Der Samengarten Eichstetten am Kaiserstuhl bemüht sich um den Erhalt und die Weiterentwicklung alter und seltener, an die regionalen Bedingungen angepasster Kulturpflanzen. Kultiviert werden auch seltene Gemüsesorten wie Erdbeerspinat oder Zuckerwurz. Siehe: www.kaiserstuehler-saatgut.de